Aldo Maietti

Der König der italienischen Tango
TV Sorrisi e Canzoni
Hier ist eine berühmte Artikel von Roberto Buttafava.

EIN LEBEN WIDMET Á. DER TANGO

Seit fast fünfzig Jahren dachten wir mit dem Tango abgerechnet zu haben. 1945 war in Italien der Boogie-Woogie ausgebrochen, den Irrsinn entfesselnd, dann kamen der Cha-Cha-Cha, der Rock'n Roll, der Twist, der Beat, der Shake und die Discomusik. Wie konnte man da noch diesen altmodischen Tanz ernst nehmen, bei dem sich herzbrechende Verführer mit schmachtenden Mädels umschlungen ?

Und dennoch gab es diejenigen, die entgegen aller Moden bei Tanzabenden weiterhin Tango tanzten .

Natürlich versuchte man die romantische und leicht sündhafte Anziehungskraft des Tango zu ironisieren: in den Liedern wurde über die "Casquet" gescherzt und Valentino parodiert. Heute ist der Tangowahn fast wie zu den alten Zeiten ausgebrochen. Tango wird überall getanzt, jede Nacht versuchen auch die Jugendlichen, die bisher sich höchstens amüsierten dabei zuzusehen, ihn zu tanzen. Sie erkannten, verflixt nochmal, daß diese nächtliche und frische Musik ungeheuer sexy war, daß dieser andauernde Körperkontakt ganz andere Gefühle weckte, als die antiseptischen Tänze auf Distanz.

Es machte Sinn, daß an dieser Stelle ALDO MAIETTI wieder ins Rampenlicht rückte, einer der wenigen echten Experten auf diesem Gebiet. Aber wir müssen sofort klarstellen, daß Maietti sich nie vom "Tango" entfernt hatte. Dass er auch in den wilden Jahren des yeah yeah immer ein eigenes, nicht nur italienisches, sondern internationales Publikum behalten hat. Er ist der Einzige der sich in Italien diesem zeitlosen Tanz ausschliesslich und ohne Unterbrechung mehr als ein halbes Jahrhundert gewidmet hat.

Er war ein Junge im Jahre 1919, als er von der lombardischen Provinz nach Mailand kam, um ein typisches argentinisches Orchester zu hören. Da er auf seiner Geige nichts anderes als Tango spielen konnte (von Pitigrilli definiert als "Vorspiel zum Beischlaf auf vertikaler Linie"), tat er alles um in dieses Orchester aufgenommen zu werden und es gelang ihm. In wenigen Jahren gründete er sein eigenes Orchester und wurde so berühmt als Dirigent und Komponist, daß er von der Presse als "Italienischer Tangokönig" bezeichnet wurde.

Er ging auf Tournee nach Buenos Aires und Paris und befreundete sich mit den damals berühmtesten Tangomusikern, vom legendären Eduardo Bianco zu Francisco Canaro, von Osvaldo Fresedo zum großen Astro Piazzolla und zum berühmten Sänger mit der Pomade im Haar und der tödlichen Stimme: ERNESTO RONDO'. Rondò wollte Schallplatten mit ihm aufnehmen und auch illustre Solisten des TANGO ARGENTINO fühlten sich geehrt in dem Orchester es sympathischen "Gaucho milanese" (Mailänder Gaucho) zu spielen, der sich seinen eigenen Stil perfekt angeeignet hatte.

Ein schwieriger Moment für Maietti kam gegen Ende der Fünfziger Jahre. Als er sich bei einem Musikverlag mit seinen neuesten Kompositionen vorstellte, wurde ihm gesagt, daß "dieses Zeug" längst überholt sei. Jeder andere hätte resigniert seine Arbeit in den Papierkorb geworfen oder sich damit abgefunden, die Musikrichtung zu ändern. Nicht so Maietti. Er investierte all sein Geld und schuf seine eigenen Verlag und Plattenfirma mit der festen und anachronistischen Absicht, immer und ausschliesslich nur "Tango" zu komponieren und zu verlegen. Er hat mehr als 400 komponiert. Zu den alten Erfolgen kamen ständig neue, auch wenn dies fast niemandem in Italien bewusst wurde, denn die Anfragen kamen hauptsächlich aus dem Ausland: Frankreich, Deutschland, Polen, Griechenland, Türkei. Japan und Südamerika.

Sein Verdienst war nicht nur seine absolute Treue zum Tango, sondern auch die Fähigkeit der ständigen Aktualisierung. Wenn man sein Aufzeichnungen hört, von den frühen Jahren bis heute, entdeckt man eine progressive Erneuerung der Stile, vom europäischen zum rein argentinischen, was seine Darbietungen immer ansprechender macht.

Roberto Buttafava